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Angriff auf das Erbgut - die primären Merkmale des Alterns

Sebastian Dietrich
August 1, 2025
8 mins.
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Training und Bewegung um über 100 zu werden

Im ersten Teil dieser Reihe über die Merkmale des Alterns habe ich gezeigt, wie der Alterungsprozess auf verschiedenen Ebenen eskaliert – von ersten molekularen Schäden bis hin zur Systemkrise. Jetzt steigen wir tiefer ein und widmen uns jenen Veränderungen, mit denen alles beginnt: den primären Merkmalen des Alterns – dem Angriff auf das Erbgut und den grundlegenden Kontrollverlust auf zellulärer Ebene.

Ganz am Anfang des Alterungsprozesses stehen Veränderungen, die tief in deinen Zellen passieren – unsichtbar, aber entscheidend. Hier geht es um den Fundamentalschaden, der alles ins Rollen bringt: an deiner DNA, an den Schutzsystemen deiner Zellen und an der Art, wie dein genetisches Material abgelesen und verwaltet wird.

Diese primären Merkmale gelten als die ursprünglichen Auslöser des Alterns. Wenn sie aus dem Gleichgewicht geraten, entstehen Kettenreaktionen, die nach und nach alle anderen Systeme im Körper mitreißen können – wie ein Haarriss im Fundament eines Hauses. Die Risse entstehen biochemisch gesehen vor allem durch oxidativen Stress, Entzündungen und Informationsverlust der Zelle (mehr dazu unter Epigenetik) die durch Lebensstileinflüsse, wie Toxine, Schlafmangel, Fehlernährung, Rauchen, Drogen und Medikamente, sowie Strahlung entstehen. Dagegen weiß der Körper eigentlich vorzugehen, denn es gibt wichtige Schutz- und Entgiftungsmechanismen, die allerdings mit dem Alter nachlassen, schwächer oder blockiert werden können.

Wir schauen uns jetzt an, was dabei konkret passiert – und wie du diese tiefgreifenden Prozesse verstehen und verlangsamen kannst.

Genomische Instabilität - wenn das Erbgut ins wanken gerät

Am Anfang des Alterns steht oft ein ganz grundlegendes Problem: Dein Erbgut wird beschädigt. In jeder einzelnen Zelle deines Körpers liegt ein kompletter Satz deiner DNA – dein persönlicher Bauplan. Dieser Bauplan wird rund um die Uhr abgelesen, kopiert und repariert. Dadurch werden Proteine produziert, Enzyme gebaut und dein kompletter Stoffwechsel in Gang gehalten. Dieser Bauplan reguliert deine Immunantwort, er baut deine Muskulatur, repariert deinen Darm und deine Haut, er produziert Hormone, Entgiftungsenzyme und Neurotransmitter und bestimmt ob du schläfst oder wach bist. Kurz gesagt, deine DNA reguliert (mit Hilfe der Epigenetik) deinen ganzen Körper. Doch mit der Zeit häufen sich Fehler in diesem komplexen Ablesen, Kopieren und Reparieren. Genau das nennt man genomische Instabilität – eine der zentralen Ursachen für den Alterungsprozess.

Die Schäden am Erbgut können von außen oder von innen kommen. Äußere Einflüsse sind zum Beispiel Chemikalien, UV-Strahlung, radioaktive Strahlung oder bestimmte Viren. Aber auch ganz ohne äußere Angriffe entstehen im Körper ständig interne Fehler: etwa bei der Zellteilung, durch oxidativen Stress, oder durch spontane Veränderungen in der DNA-Struktur (etwa durch Hydrolyse).

Das Problem: Je älter wir werden, desto schlechter funktioniert die zelleigene Reparatur. Enzyme wie PARP oder SIRTUINE (es gibt sieben davon, SIRT1 bis SIRT7), die normalerweise DNA-Schäden beheben, verlieren mit dem Alter an Effektivität. Dadurch kommt es vermehrt zu Punktmutationen, Brüchen in den DNA-Strängen, und sogar zur Fehlverteilung von Chromosomen. Diese Fehler können wiederum zu Zellseneszenz (Zellen, die nicht mehr teilen, aber auch nicht sterben - siehe nächste Kapitel „Zellen ausser Kontrolle) oder sogar zu Krebs führen.

Spannend ist: In Tierversuchen konnte gezeigt werden, dass eine verstärkte Aktivität des Gens SIRT6, das an der DNA-Reparatur beteiligt ist, nicht nur die Genomstabilität erhöht, sondern auch die Lebensdauer von Mäusen verlängert.

Was heißt das für dich?
Ein stabiler Zellkern ist kein Luxus – er ist Grundlage für gesunde Zellfunktion. Je besser dein Körper seine DNA schützen und reparieren kann, desto länger bleiben deine Zellen jung. Und das ist einer der ersten Hebel, um dein biologisches Alter zu verlangsamen. In den nächsten Kapiteln werde ich dir zeigen, wie du einen Großteil der zerstörenden Umwelteinflüsse vermeiden und wie du deine Reparatur und Entgiftungsmechanismen unterstützen kannst.

Telomerverkürzung - das biologische Ablaufdatum

Jede Zelle in deinem Körper hat ein eingebautes Haltbarkeitsdatum – und dieses sitzt an den Enden deiner Chromosomen: die Telomere. Sie funktionieren wie kleine Schutzkappen, vergleichbar mit den Kunststoffhüllen an den Enden von Schnürsenkeln. Ohne diese Kappen würden die DNA-Stränge beim Kopieren schnell ausfransen, sich verheddern oder verloren gehen.

Doch genau hier liegt das Problem: Bei jeder Zellteilung werden die Telomere ein Stück kürzer. Ist ein kritischer Punkt erreicht, bekommt die Zelle das Signal, sich nicht mehr zu teilen – oder sie stirbt ganz ab. Das nennt man Replikationslimit, auch bekannt als die Hayflick-Grenze.

Im jungen Körper ist das kein Problem, denn die Telomere sind noch lang genug. Doch mit den Jahren – und mit jeder weiteren Zellteilung – schrumpfen sie. Ist der Schutz einmal weg, werden wichtige Abschnitte der DNA beschädigt. Das führt unter anderem zu Entzündungen, Zellalterung (Seneszenz) und einem erhöhten Krankheitsrisiko – besonders bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, neurodegenerativen Prozessen und Krebs.

Der Körper hat zwar ein Enzym namens Telomerase, das die Telomere wieder verlängern kann – aber es ist in den meisten Körperzellen kaum aktiv. Nur Stammzellen und bestimmte Immunzellen nutzen es regelmäßig. In den letzten Jahren wurde intensiv daran geforscht, ob man die Telomerase künstlich aktivieren kann. Die Erkenntnis: Es ist möglich.

Auch wenn Telomerverkürzung ein natürlicher Prozess ist, kannst du viel dafür tun, dass es langsamer passiert – oder sogar, dass die Telomerase in bestimmten Zellen wieder aktiver wird. Besonders gut untersucht sind folgende Einflussfaktoren:

  • Chronischer Stress, Schlafmangel und Entzündungen beschleunigen den Telomerabbau deutlich.
  • Bewegung, Meditation, soziale Verbundenheit und eine ausgewogene Ernährung wirken dagegen positiv.

Die sogenannte Telomer-Theorie des Alterns hat nach wie vor Bestand, auch wenn sie heute als ein Teil eines größeren Puzzles gesehen wird. Spannend ist: Viele der Maßnahmen, die sich positiv auf die Telomere auswirken, fallen unter den Begriff Epigenetik (Maßnahmen, die die Genaktivität steuern können) – ein starkes Zeichen dafür, dass all diese Prozesse miteinander verbunden sind und aber auch dafür, dass der Epigenetik möglicherweise eine größere Bedeutung zuzuordnen ist.

Epigenetische Veränderungen – wenn der Zell-Dirigent aus dem Takt gerät

Du hast vielleicht schon mal gehört, dass Gene „unser Schicksal“ bestimmen. Diese Theorie ist im Zeitalter der Epigenetik veraltet. Gene liefern den Bauplan, ja – aber ob bestimmte Gene tatsächlich aktiv sind oder stillgelegt werden, entscheidet etwas anderes: die Epigenetik.

Die Epigenetik ist so etwas wie die Regieanweisung für deine Gene. Sie bestimmt, welche Gene an- oder abgeschaltet werden – abhängig davon, wie du lebst. Schlaf, Bewegung, Ernährung, Umweltgifte, dein Mikrobiom, Stress und sogar deine Gedankenwelt: All das beeinflusst epigenetisch, welche Informationen deine Zellen nutzen – und welche nicht.

Das passiert aber nicht „energetisch“ oder magisch, sondern über klare biochemische Prozesse. Der wichtigste davon heißt DNA-Methylierung. Dabei werden winzige Molekülgruppen (Methylgruppen) an die DNA angeheftet – meist an Stellen, die das Ablesen bestimmter Gene blockieren. So, als würdest du bei einem Lichtschalter einfach das Licht ausknipsen.

Und das kann sowohl gut als auch problematisch sein. Wir wollen, dass bestimmte Gene deaktiviert werden – zum Beispiel solche, die unkontrolliertes Zellwachstum oder chronische Entzündungen fördern. Gleichzeitig dürfen aber andere Gene nicht abgeschaltet werden – etwa solche, die entzündungshemmende Stoffe produzieren oder Tumorwachstum unterdrücken. Ein gestörter epigenetischer Zustand bringt genau dieses Gleichgewicht durcheinander – mit Folgen für Gesundheit und Alterung.

Ein zweiter großer Mechanismus sind die Histon-Modifikationen. Dabei geht es um spezielle Proteine (ich nenne Sie Lockenwickler Proteine, weil sie die DNA so aufrollt, wie es Lockenwickler mit haaren machen), um die sich unsere DNA wie ein Faden um eine Spule wickelt. Werden diese Histone chemisch verändert, ändert sich auch die Lesbarkeit der DNA – manche Abschnitte werden „enger gewickelt“ und dadurch stummgeschaltet, andere werden „geöffnet“ und aktiviert.

Und hier kommen die eigentlichen Stars der Epigenetik ins Spiel: die Sirtuine. Sie sind deine Langlebigkeitsgene, die wie Dirigenten über den Zellstoffwechsel wachen. Sie entscheiden, welche Gene wann aktiv sind – je nach Bedarf. Ihre zweite große Aufgabe: Zellreparatur. Sobald irgendwo ein Schaden auftritt – etwa an der DNA –, unterbrechen die Sirtuine ihre Steuerarbeit und helfen bei der Reparatur.

Doch hier liegt das Problem: Nicht immer finden sie danach den Weg zurück zu ihrer eigentlichen Steuerstelle. Und genau das nennt man epigenetischen Informationsverlust – eine der aktuell spannendsten Hypothesen zum Altern. Denn wenn der Dirigent fehlt, gerät der ganze Zellstoffwechsel aus dem Takt. Die Zelle verliert ihre Identität – wie ein Orchester ohne Leitung oder, noch treffender: wie eine beschädigte Festplatte, auf der die Daten zwar noch da sind, aber nicht mehr richtig gelesen werden können.

Dass man diese verloren gegangene Zellinformation tatsächlich wiederherstellen kann, hat der japanische Forscher Prof. Shinya Yamanaka eindrucksvoll gezeigt. Er konnte zeigen, dass Zellen durch gezielte Reprogrammierung epigenetisch in einen jugendlichen Zustand zurückversetzt werden können – ein Durchbruch, für den er später den Nobelpreis erhielt. Genau auf dieser Grundlage arbeiten heute viele Longevity-Forscher, um diesen Ansatz irgendwann auch sicher beim Menschen anzuwenden. Noch dieses Jahr soll die erste epigenetische Modifikation am Menschen durchgeführt werden.

Aber: Du musst nicht auf Genmanipulation warten. Auch ohne Hightech-Eingriffe kannst du heute schon auf dein epigenetisches System Einfluss nehmen – durch deinen Lebensstil. Alles, was du tust, denkst, isst oder fühlst, wirkt epigenetisch. Und wie genau du deine Sirtuine unterstützen kannst, erfährst du im weiteren Verlauf dieses Buchs – Schritt für Schritt.

Verlust der Proteostase - wenn Proteine die Kontrolle verlieren

Wie oben schon beschrieben ist deine DNA dein individueller Bauplan, der zusammen mit der Epigenetik all deine menschlichen Funktionen steuert. Deine Gene werden abgelesen, sie kopieren und reparieren. Durch das Ablesen werden Proteine produziert, wie zum Beispiel Enzyme, Immunoglobuline, Antikörper, Messenger und viele andere. Die Zellen sind voll mit Proteinen unterschiedlichster Art. Sie sind kleine molekulare Werkzeuge, die nahezu alle Aufgaben im Körper übernehmen. Damit das alles funktioniert, müssen diese Proteine exakt gebaut, richtig gefaltet und in der passenden Menge bereitgestellt werden.

Diesen stabilen Zustand nennt man Proteostase – also das Gleichgewicht der Proteinproduktion, -faltung, -lagerung und -entsorgung. Damit dieses System zuverlässig arbeitet, besitzt jede Zelle ein eigenes Kontrollnetzwerk: Ribosomen, die die Proteine herstellen, Chaperone, die sie korrekt falten, sowie Lysosomen und Ubiquitin-Systeme, die defekte Proteine abbauen oder markieren.

Mit zunehmendem Alter wird dieses Gleichgewicht immer schwieriger aufrechtzuerhalten. Die Chaperone nehmen ab, die Faltungsqualität sinkt, schadhafte Proteine werden nicht mehr zuverlässig entsorgt. Stattdessen bilden sich falsch gefaltete Eiweiße, die verklumpen oder oxidieren. Sie können sich mit Zuckermolekülen verbinden (Glykierung), was ihre Struktur zusätzlich destabilisiert. Diese Ablagerungen sind typisch für viele altersbedingte Krankheiten – besonders für neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer.

Die Auslöser sind vielfältig: Strahlung, Umweltgifte, Schwermetalle, oxidativer Stress oder schlicht die nachlassende Effizienz der Zelle mit dem Alter. Als Reaktion aktiviert der Körper Hitzeschockproteine – eine Art zelluläre Ersthelfer, die beschädigte Proteine stabilisieren und falsch gefaltete auffangen. Im Alter nimmt die Belastung durch genau solche Faktoren zu: mehr Zellstress, mehr Schadstoffe, weniger effiziente Reparaturmechanismen. Theoretisch müsste der Körper also dauerhaft HSPs produzieren, um all die Fehlfaltungen auszugleichen. Doch genau hier liegt das Problem: Die Fähigkeit, HSPs in ausreichender Menge zu bilden, nimmt mit dem Alter ab. Das bedeutet, obwohl die Zelle den Schutz dringender bräuchte, kommt sie immer schlechter hinterher.

Besonders spannend: In extrem langlebigen Tierarten wie dem Nacktmull, der über 30 Jahre alt werden kann ohne altersbedingte Krankheiten, wurde eine dauerhaft hohe HSP-Aktivität festgestellt – auch ohne akuten Stress. Ihre Zellen scheinen in einem „bereitschaftsähnlichen Zustand“ zu sein, was ihre Stabilität im Alter deutlich verbessert.

Für uns Menschen heißt das: Die Fähigkeit, HSPs zu aktivieren und verfügbar zu machen, ist ein zentraler Hebel im Kampf gegen den zellulären Verfall. Und wie du später noch sehen wirst, kannst du genau hier mit bestimmten Reizen und Lebensstilmaßnahmen gezielt ansetzen – etwa durch kurze, kontrollierte Belastungen wie Kälte, Hitze und Fasten.

Ein oft übersehener, aber entscheidender Faktor ist das Wasser in unseren Zellen. Genauer gesagt: die sogenannte vierte Phase des Wassers – auch EZ-Wasser genannt, nach dem englischen Begriff Exclusion Zone. Dieses strukturierte Wasser, das direkt an Zellwänden entsteht, wurde vor allem durch die Arbeiten von Dr. Gerald Pollack bekannt. Es scheint eine wichtige Rolle bei der korrekten Faltung von Proteinen zu spielen.

Wenn dieses spezielle Wasser fehlt – etwa durch Flüssigkeitsmangel, Schadstoffe oder chronischen Stress – kann die Faltungsqualität leiden. Hier setzt eine interessante therapeutische Idee an: das Gerät NanoVi der Firma ENG3. Die Anwendung verspricht, den Zellstoffwechsel zu entlasten und die Proteinfunktion zu unterstützen – ganz ohne chemische Eingriffe, allein durch das Einatmen von fein strukturiertem Wasserdampf.

HSPs sind aber nicht die einzigen Akteure, die deine Zellen vor dem Chaos schützen. Sie arbeiten im Hintergrund eng mit anderen zellulären Schutzsystemen zusammen. Ganz vorne mit dabei: die Sirtuine, über die du im vorherigen Abschnitt gelesen hast. Diese Langlebigkeitsregulatoren entscheiden nicht nur, welche Gene aktiv sind, sondern koordinieren auch, wann und wie Reparaturprogramme ablaufen – also auch, ob HSPs aktiviert werden sollen oder nicht.

Ein weiterer wichtiger Partner im Reparaturteam ist die Autophagie – ein zelleigener Reinigungsmechanismus, der defekte Zellbestandteile, alte Proteine und beschädigte Organellen abbaut und recycelt. HSPs erkennen die fehlerhaften Proteine, markieren sie, und leiten sie weiter an die Autophagie. Dort werden sie in kleinen Zellstrukturen, den sogenannten Autophagosomen, gesammelt und anschließend entsorgt.

Man kann sich das wie eine eingespielte Kette vorstellen: Die Sirtuine schalten die Reparatur-Gene ein, HSPs stabilisieren die beschädigten Eiweiße, und die Autophagie kümmert sich um die fachgerechte Entsorgung. Wenn einer dieser Prozesse ins Stocken gerät – etwa durch Überlastung, Alter oder Nährstoffmangel – staut sich Zellmüll an. Und genau dieser Rückstau gilt als eine der zentralen Ursachen für zelluläre Alterung.

Das Gute: Du kannst alle drei Systeme – HSPs, Sirtuine und Autophagie – über natürliche Reize aktivieren. Und wie du gleich noch sehen wirst, brauchst du dafür keine Medikamente. Dein Körper hat längst alles eingebaut, was er dafür braucht.

Verlust der Makroautophagie – wenn der zelluläre Reinigungsdienst ausfällt

Jede Zelle produziert täglich Müll: beschädigte Eiweiße, alte Zellorganellen, nicht mehr funktionsfähige Mitochondrien oder Reste von Viren und Bakterien. Solange der körpereigene Reinigungsdienst funktioniert, ist das kein Problem. Die Zelle hat ein spezielles System, das diesen Müll erkennt, einsammelt und recycelt. Dieser Prozess heißt Makroautophagie – wörtlich übersetzt: sich selbst essen.

Autophagie ist also kein Defekt, sondern ein überlebenswichtiger Mechanismus. Wenn beschädigte oder überalterte Zellteile nicht mehr zu gebrauchen sind, werden sie in kleine Bläschen verpackt, an spezielle Zellorganellen übergeben (Lysosomen) und dort in ihre Bestandteile zerlegt. Die dabei entstehenden Moleküle können sogar wiederverwendet werden – etwa als Baustoffe für neue Proteine oder zur Energiegewinnung.

Gerade unter Stress – zum Beispiel bei Hungerphasen, sportlicher Belastung oder Infektionen – wird die Autophagie hochgefahren. Sie hilft, schadhafte Strukturen zu beseitigen und Platz für Neues zu schaffen. Man könnte sagen: Die Zelle räumt auf, bevor sie krank wird.

Im Alter jedoch verliert diese Selbstreinigungsfunktion an Schwung. Die Autophagie läuft langsamer, weniger effektiv, oft bleibt Zellmüll liegen. Das Problem dabei: liegengebliebener Zellschrott ist nicht harmlos. Er kann Entzündungsprozesse anfeuern, die Energieproduktion blockieren oder sogar die Zellteilung stören. Besonders kritisch ist das in Zellen mit hoher Aktivität – wie Nervenzellen, Leberzellen oder Muskelzellen.

Autophagie gilt heute als eines der zentralen Werkzeuge gegen Alterungsprozesse – auch deshalb, weil sie mit anderen Schutzmechanismen eng vernetzt ist, wie oben beschrieben. Sie arbeitet mit Hitzeschockproteinen, wird durch Sirtuine beeinflusst und reagiert auf Nährstoffsignale. Wenn dieser Prozess lahmt, gerät das gesamte zelluläre Gleichgewicht ins Wanken.

Die gute Nachricht: Autophagie ist trainierbar. Wie bei einem Muskel braucht es nur die richtigen Reize – Fastenphasen und Kalorienreduktion, Laktatgewinnung durch High-Intensity Training oder Hitze. Genau darauf werden wir im praktischen Teil noch ausführlich eingehen.

Fazit

Die primären Merkmale des Alterns bilden das biochemische Fundament des Alterns – tief in unseren Zellen und oft lange unbemerkt. Doch genau hier liegt auch die Chance: Wer versteht, was auf dieser Ebene passiert, kann gezielt gegensteuern. Mit dem Wissen um Genomstabilität, Telomere, Epigenetik und Zellreinigung beginnt ein neuer Umgang mit dem eigenen Altern – nicht als passives Geschehen, sondern als aktiver Prozess. Im nächsten Teil sehen wir, was passiert, wenn diese Mechanismen aus dem Ruder laufen – und wie der Körper beginnt, auf Zellebene die Kontrolle zu verlieren.

Im nächsten Teil tauchen wir gemeinsam in die antagonistischen Merkmale des Alterns ein und erkunden, wie die Zellen ausser Kontrolle geraten.

Dein Sebastian

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