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Hyperbare Sauerstofftherapie: Die Wissenschaft hinter Zellverjüngung und gesünderem Altern

Sebastian Dietrich
July 11, 2025
6 mins
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Der Mensch atmet täglich rund 20.000 Mal – und dennoch schöpfen wir das volle Potenzial des Sauerstoffs kaum aus. Eine Möglichkeit, die Wirkung von Sauerstoff gezielt therapeutisch zu nutzen, ist die Hyperbare Sauerstofftherapie (HBOT – Hyperbaric Oxygen Therapy). Diese Methode, bei der 100 % reiner Sauerstoff intermettierend unter erhöhtem Umgebungsdruck eingeatmet wird, zeigt laut aktueller Studien verblüffende Effekte auf die Langlebigkeit und biologische Verjüngung. Sie beeinflusst dabei gleich mehrere der zwölf bekannten Merkmale des Alterns, darunter Telomerverkürzung, Stammzellverarmung, inflammatorisches Altern (Inflammaging) sowie zelluläre Seneszenz. Doch wie genau funktioniert HBOT, wie wird sie angewendet – und welche wissenschaftlichen Belege gibt es?

Was ist Hyperbare Sauerstofftherapie (HBOT)?

Die HBOT findet in speziell dafür vorgesehenen Druckkammern statt. Während der Anwendung atmen die Anwender reinen Sauerstoff bei einem erhöhten Umgebungsdruck von meist 2 bis 2,5 ATA (Atmosphärenüberdruck) für etwa 60 bis 120 Minuten. Der Clou: Unter Druck bindet sich der Sauerstoff nicht nur wie üblich an das Hämoglobin in den roten Blutkörperchen, sondern wird unter Druck zusätzlich in gelöster Form direkt im Blutplasma angereichert. Dabei diffundieren Sauerstoffmoleküle in das Plasma selbst, unabhängig von den roten Blutkörperchen. Der unter Druck zusätzlich im Blutplasma angereicherte Sauerstoff liegt in gelöster Form vor – er ist also nicht an Hämoglobin gebunden, sondern physikalisch direkt im Plasma enthalten. Dadurch kann dieser gelöste Sauerstoff auch Bereiche des Körpers erreichen, die nur unzureichend durchblutet sind. Selbst Gewebe, das unter normalen Umständen schlecht mit Sauerstoff versorgt wird, profitiert so von einer erhöhten Sauerstoffzufuhr. Diese Form der Sauerstoffversorgung wirkt unabhängig vom Transport über rote Blutkörperchen und ermöglicht eine breitere, tiefergehende Verteilung im Organismus. Der Effekt ist mehr als nur ein „Sauerstoff-Boost“ – er kann den Körper auf molekularer Ebene beeinflussen.


Hyperbare Sauerstofftherapie und Longevity

In den letzten Jahren ist eine wachsende Zahl an Studien erschienen, die sich mit der Wirkung der hyperbaren Sauerstofftherapie (HBOT) auf zentrale biologische Alterungsmechanismen beschäftigen. Besonders hervorzuheben sind dabei die Forschungsarbeiten des israelischen Neurologen und Wissenschaftlers Prof. Shai Efrati. Mit seinem Forschungsteam an der Universität Tel Aviv initiierte er mehrere wegweisende Studien, die zeigen konnten, dass HBOT nicht nur Entzündungsparameter senkt, sondern auch Telomere verlängert und seneszente Zellen reduziert und vieles mehr.


Telomerverlängerung und reduzierte Seneszenz duch HBOT

Telomere, die schützenden Endkappen unserer Chromosomen, galten lange Zeit als einer der wichtigsten Marker des biologischen Alterns – quasi als Goldstandard. Obwohl sie mittlerweile nur noch einen Teilaspekt der Alterungsbiologie darstellen, bleibt ihre Verlängerung ein bedeutendes Zeichen regenerativer Prozesse. In einer israelische Studie aus 2020 untersuchte Prof. Efrati die Auswirkungen von 60 Sitzungen HBOT auf gesunde Männer im Alter von 64 Jahren. Die Resultate waren erstaunlich:

  • die Telomerlänge der Immunzellen nahm um bis zu 38 % zu – ein Effekt, der bisher durch keine andere bekannte Intervention in dieser Größenordnung dokumentiert wurde.
  • Seneszente T-Zellen (ein weiteres Merkmal des Alterns), also alternde Immunzellen, reduzierten sich um bis zu 37 %.
  • Anwendung: 60 Sitzungen innerhalb von 3 Monaten, je 90 Minuten bei 2 ATA mit intermittierendem Sauerstoff-Entzug, um einen Hyperoxie-Hypoxie-Hormesis-Effekt zu induzieren.

Diese Veränderungen gelten als direkte Intervention in das biologische Altern und beeinflussen zentrale Alterungsprozesse wie Immunalterung, Telomerverkürzung und zelluläre Seneszenz – allesamt Schlüsselmerkmale des Alterns.


Aktivierung von Stammzellen

Eine weitere bahnbrechende Studie belegte erstmals, dass hyperbarer Sauerstoff (HBOT) in der Lage ist, Stammzellen aus dem Knochenmark zu mobilisieren. Stammzellen sind essenziell für die Langlebigkeit, weil sie geschädigte oder alte Zellen kontinuierlich ersetzen und so die Gewebe- und Organfunktion erhalten. Sie fördern die Regeneration, indem sie sich selbst erneuern und zu spezialisierten Zellen (zum Beispiel Leber- oder Gehirnzellen) differenzieren können. Zudem wirken sie entzündungshemmend und verhindern altersbedingten Funktionsverlust durch ihre reparierenden und regulierenden Eigenschaften. In dieser Untersuchung wurden 20 HBOT-Sitzungen à 2,0 ATA (Atmosphärenüberdruck) durchgeführt. Dabei wurde jeweils 100 % Sauerstoff für 120 Minuten intermittierend und Druck eingeatmet.

Die Ergebnisse waren eindrucksvoll:
Im Verlauf der Studie konnte eine Zunahme der körpereigenen Stammzellen im peripheren Blut nachgewiesen werden – im Schnitt um das 4- bis 8-Fache, gemessen sogar schon 24 Stunden nach der ersten Sitzung. Dieser Anstieg deutet auf ein gesteigertes regeneratives Potenzial hin, insbesondere im Hinblick auf Gewebeheilung, Gefäßneubildung und systemische Regeneration. Zudem wurde eine Zunahme von VEGF (vaskulärer endothelialer Wachstumsfaktor) beobachtet, was ebenfalls auf eine verbesserte Angiogenese und Geweberegeneration hinweist.

Der zugrunde liegende Mechanismus wird durch einen leichten, aber kontrollierten oxidativen Stress beschrieben, der durch den erhöhten Sauerstoffpartialdruck ausgelöst wird. Zudem führt HBOT zur Aktivierung der Stickstoffmonoxid-Synthese (NO), welche die Stammzellen aus dem Knochenmark mobilisieren und zur Stabilisierung von HIF-1a (hypoxia-inducible factor-1) beitragen kann (Untertsützung der Mitochondriengesundheit und Endothelfunktion). Die Autoren beschreiben dabei eine typische Hormesis-Kurve, bei der niedrige bis moderate Reize eine positive physiologische Antwort hervorrufen.

HBOT liefert also nicht nur passiv Sauerstoff, sondern moduliert aktiv die Stammzellbiologie, was wiederum zentrale Langlebigkeitsprozesse wie Gewebeheilung, Gefäßneubildung und zelluläre Erneuerung positiv beeinflusst.


HBOT und Long Covid

Eine besonders vielversprechende Anwendung der hyperbaren Sauerstofftherapie ist die Behandlung von Long Covid, einer Erkrankung, die viele Patienten auch lange nach der eigentlichen Infektion stark beeinträchtigt. Neben kognitiven Einschränkungen zählen chronische Erschöpfung, Schlafstörungen, depressive Symptome und anhaltende Schmerzen zu den häufigsten Beschwerden. HBOT bietet hier eine evidenzbasierte, nebenwirkungsarme Therapieoption – mit anhaltenden Effekten.

Eine prospektive Langzeitstudie unter Leitung von untersuchte 31 Patienten mit Long-Covid-Symptomatik, die über einen Zeitraum von 40 Tagen täglich eine HBOT-Sitzung erhielten. Ein Jahr nach Beendigung der Therapie zeigten sich anhaltende Verbesserungen in verschiedenen Lebensbereichen:

  • Lebensqualität stieg signifikant an – sowohl global als auch in den Bereichen Energie, Vitalität und Alltagsfunktion.
  • Schlafqualität verbesserte sich, mit anhaltender Wirkung nach 12 Monaten.
  • Neuropsychiatrische Symptome wie Depression und Angst reduzierten sich deutlich.
  • Schmerzsymptome nahmen signifikant ab, ebenso wie die psychische Belastung durch Schmerzen.

Diese Resultate zeigen: Die hyperbare Sauerstofftherapie kann nicht nur kurzfristige Symptome lindern, sondern auch langfristig die Lebensqualität verbessern – ein vielversprechender Ansatz nicht nur für Long-Covid-Patienten, sondern auch im weiteren Kontext chronischer Erschöpfungssyndrome und neuroinflammatorischer Erkrankungen.

HBOT und die 12 Merkmale des Alterns

Die hyperbare Sauerstofftherapie hat das Potenzial, gleich mehrere der Merkmale des Alterns positiv zu beeinflussen – jene zwölf biologischen Prozesse, die maßgeblich für das Altern verantwortlich gemacht werden. Studien zeigen, dass HBOT nicht nur Symptome lindern, sondern tiefgreifende molekulare Mechanismen verändern kann. Die folgende Übersicht zeigt, welche Alterungsmerkmale konkret beeinflusst werden und wie sich das in der Praxis äußert:

  • Telomerverkürzung: HBOT verlängert nachweislich die Telomere – die Schutzkappen unserer Chromosomen, die sich mit jeder Zellteilung verkürzen. Verlängerte Telomere stehen für eine verbesserte Zellteilungsfähigkeit und Langlebigkeit.
  • Zelluläre Seneszenz: Seneszente Zellen, also alternde, funktionslose Zellen, werden durch HBOT reduziert. Dadurch wird das Immunsystem entlastet und chronische Entzündungsprozesse abgeschwächt.
  • Stammzellverarmung: Studien belegen, dass HBOT die Mobilisierung körpereigener Stammzellen (CD34+) aus dem Knochenmark deutlich erhöht – ein entscheidender Schritt für Regeneration und Gewebeerneuerung.
  • Inflammaging: Die Therapie reduziert systemische, chronisch-niedriggradige Entzündungen, die als "Entzündungsaltern" bekannt sind. Das verbessert sowohl die Immunfunktion als auch die Zellgesundheit.
  • Gestörte mitochondriale Funktion: Die erhöhte Sauerstoffverfügbarkeit als auch die intermettierende Sauerstoffaufnahme aktivieren HIF1a und den Langlebigkeitsfaktor Nrf2 (aktiviert antioxidative Kaskaden) verbessert die Funktion der Mitochondrien – den Energiekraftwerken der Zelle – und steigert die ATP-Produktion.

Anwendung und Sicherheit

Die Therapie ist weitgehend nebenwirkungsarm, wenn sie unter ärztlicher Aufsicht in zugelassenen Druckkammern durchgeführt wird. Leichte Nebenwirkungen wie Druck auf den Ohren, Müdigkeit oder Kopfschmerzen können auftreten, sind aber meist vorübergehend.

  • Empfohlene Sitzungen: 20–40 Anwendungen über mehrere Wochen, je 60–120 Minuten.
  • Druck: meist 2,0 bis 2,5 ATA.
  • Kosten: zwischen 150 und 250 Euro pro Sitzung (in spezialisierten Longevity Einrichtungen, keine Kassenleistung).

HBOT-Anwendungen in der Praxis

Die praktische Anwendung der hyperbaren Sauerstofftherapie (HBOT) ist vielfältig und gewinnt zunehmend an Relevanz – sowohl im therapeutischen Kontext zur Behandlung chronischer Erkrankungen als auch im Bereich der Langlebigkeitsmedizin. Der folgende Abschnitt zeigt, wie HBOT in der Praxis genutzt wird, welche Zielgruppen davon profitieren können und welche Modelle für Health Professionals zur Verfügung stehen.

Für Endverbraucher

Die hyperbare Sauerstofftherapie (HBOT) kommt in der Praxis bei einer Vielzahl chronischer Erkrankungen zur Anwendung – darunter Long Covid, Diabetes mellitus Typ 2, neurodegenerative Leiden oder systemische Entzündungsprozesse. Studien zeigen, dass HBOT durch ihre starke antioxidative, entzündungshemmende und regenerative Wirkung tiefgreifend in Krankheitsprozesse eingreifen kann. Gleichzeitig etabliert sich HBOT zunehmend im Bereich der Langlebigkeitsmedizin. Die Therapie adressiert mehrere der zwölf hallmarks of aging – insbesondere Telomerverkürzung, Stammzellverarmung, Inflammaging und zelluläre Seneszenz. Dadurch eignet sie sich auch für gesunde Personen, die ihre biologische Uhr verlangsamen oder sogar zurückdrehen möchten. Studien belegen dabei nicht nur verbesserte Zellfunktionen, sondern auch eine Verlängerung der Telomere und eine Reduktion seneszenter Immunzellen. Die Therapie erfolgt meist über 30-60 Sitzungen verteilt auf zwei bis drei Monate mit je 60 bis 120 Minuten bei 2 ATA – ein Protokoll, das sowohl präventiv als auch therapeutisch eingesetzt werden kann. Die Kosten können aber allerdings schnell in die Höhe schießen, während HBOT Sitzungen meist zwischen 150-250€ angeboten. Für den Heimgebrauch lohnen sich aber auch Leasingmöglichkeiten, wie von unserem Partner Dremenia, wo man monatlich „nur“ zwischen 1500-2000€ für eine mobile HBOT-Kammer für zuhause investieren muss.

Anwendungsmodell für Health Professionals

Für Health Professionals im Bereich Longevity bietet HBOT ein innovatives Werkzeug mit hohem therapeutischen und wirtschaftlichen Potenzial. Eingebettet in ein strukturiertes 3- oder 6-Wochen-Protokoll kann HBOT beispielsweise mit ergänzenden Maßnahmen wie eine umfangreiche Diagnostik inkl. Testung des biologischen Alters, einer Peptidtherapie, Biophotomodulation oder gezielter Mikronährstoffgabe kombiniert werden. Die Anwendung umfasst in der Regel 20 bis 40 Sitzungen à 60–120 Minuten bei 2 ATA Druck, verteilt über mehrere Wochen. Der Therapieplan lässt sich modular gestalten – z. B. als regeneratives Paket, Anti-Aging-Intensivprogramm oder auch als Bestandteil eines Post-Covid-Aufbauprotokolls. Durch den hohen Zeitaufwand eignen sich größere Kammern, die mit Tisch und Office Modul ausgestattet sind, um die Anwendungszeit auch sinnvoll nutzen zu können.  

Anschaffungskosten für hochwertige Druckkammern beginnen bei etwa 30.000 bis 100.000 Euro (je nach Größe und Ausstattung). Für kleinere Praxen bieten sich auch Leasing- oder Shared-Modell-Konzepte an. Die Therapiesitzungen lassen sich je nach Standort und Zusatzleistungen zu Preisen zwischen 150 und 250 Euro pro Anwendung anbieten. Dadurch entsteht ein rentables Geschäftsmodell mit hoher Patientenbindung. Kombinierte Longevity-Pakete – inklusive Diagnostik, Ernährungsberatung und begleitender Mikronährstoffgabe – können im Paket für 4.000 bis 8.000 Euro pro Zyklus verkauft werden.

Wichtig ist die strategische Positionierung: Als „zellulärer Reset“, „Biohacking-Kur“ oder „Langlebigkeitsmodul“ lässt sich HBOT gezielt in ein Premium-Angebot integrieren. Die wissenschaftliche Evidenz zur Verbesserung von Parametern wie Telomerlänge, Inflammaging oder mitochondrialer Funktion liefert dafür die nötige Vertrauensbasis.

Sauerstoff als Schlüssel zur Langlebigkeit?

HBOT ist mehr als eine einfache Sauerstoffzufuhr – sie ist ein potenziell verjüngendes Protokoll, das tief in molekulare Alterungsprozesse eingreift. Studien zeigen, dass unter kontrollierten Bedingungen biologische Marker wie Telomere, Immunzellen und Stammzellaktivität direkt beeinflusst werden können. Ich selbst durfte schon die Vorteile einer HBOT mit ca. 25 90 Minuten Einheiten genießen und ich kann sagen, dass es zwar schon positive Auswirkungen auf mein Energielevel hatte, jedoch hätte ich sicherlich noch weitere fünf bis 10 Anwendungen benötigt um den vollen Stammzellboost zu bekommen. Und, ja es ist sehr zeitaufwendig, eine größere Kammer, die zum Arbeiten geeignet ist, wäre sehr von Vorteil.  

Sebastian

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